Misslungene Kunst
Ist Ihnen schon aufgefallen, dass in Museen überwiegend misslungene Bilder gezeigt werden? Was wir jetzt als „Meisterwerke“ betrachten, die für teures Geld für die Sammlung des Museums angeschafft worden sind, sind zumeist die Werke, die sich am weitesten von den Regeln der akademischen Kunst entfernt haben, wie sie die Meister der betreffenden Epoche vorgeschrieben haben.
So neulich im Museé d’Orsay, in Paris. Man schlendert durch diesen alten Bahnhof und wen trifft man auf diesem Fest der Augenblicke? Den guten Courbet, den bescheidenen Millet, der wiederrum van Gogh gefallen hat, meinen geliebten Manet, den von mir weniger geschätzten Monet, den romantischen Renoir und sehr viele van Goghs, davor noch Gauguin. Was hat man in der Vergangenheit nicht gelacht über die Impressionisten, Fauvisten, Degas, Cézannes und wie sie alle hießen?
Und dann fliegen Sie nach New York zum Museum of Modern Art und betrachten die Les Demoiselles d’Avignon, welche sogar damalige Künstlerfreunde von Picasso so erschreckt hatte, dass sie ihnen verrückt und ungeheuerlich erschienen. Braque erklärte, dass es auf ihn wirkte, als hätte jemand Petroleum getrunken, um Feuer zu speien, während Derain meinte, dass man eines Tages Picasso hinter seinem großen Gemälde erhängt auffinden würde.
Heute strahlen diese Bilder wie Ikonen in einer Kathedrale und tausende drängen sich vor ihnen, um ein Selfie mit diesem Bild zu machen und vergessen, dass man im Museum nicht alleine ist. Mir drängt sich die Frage auf: Wissen die Betrachter überhaupt die Vorgeschichte dieser Bilder? Wissen Sie, wieviel Spott und Gelächter, Kritik und Hass den Künstlern damals entgegen schlug?
Heute, nach dem man diese Bilder schätzen gelernt hat, erscheinen sie einem nicht mehr als misslungen. Man könnte befürchten, sie sind zum Mainstream geworden.