Verständnis und Kunst

Als Besucher einer Ausstellung, einer Kunstgalerie oder eines Museums betrachtet man die Kunst und denkt sich, was sagt dieses Werk aus? Welche Botschaft möchte mir das Kunstwerk übermitteln?  Um es auf dem Punkt zu bringen: Jeder möchte die Kunst verstehen. Irgendeiner hat wohl in der Vergangenheit festgelegt, das muss so sein. Aber warum nur?

 

Picasso sagte einmal: Warum versucht man nicht die Lieder eines Vogels zu verstehen? Warum liebt man die Nacht, die Blumen, alles um uns her, ohne es durchaus zu verstehen zu wollen? Aber wenn es um ein Bild geht, denken die Leute, sie müssen es verstehen.“ Geht es darum zu beweisen, dass man die Intention des Künstlers intellektuell begreifen kann? Würde alles andere die eigene Intelligenz in Frage stellen?

 

Manchmal bezweifle ich, dass der Künstler selbst wusste, was er in diesem Moment schafft. Vielmehr müsste man zuerst begreifen, dass ein Künstler schafft, weil er schaffen muss. Da ist vielleicht diese eine Stimme, die einem zuflüstert: „Mal endlich etwas“! Oder zeichne den Strich so und kombiniere folgende Farbe dazu.

 

Früher habe ich selbst geglaubt, dass das Bild vor seiner Entstehung schon zumindest in der Phantasie vorhanden sein muss, bevor man sich an das Werk macht. Das umfasst nicht nur die Darstellung und die Form, sondern auch das Farbkonzept. Und dies ging in der Tat viele Jahre gut.

 

Je älter man wird – zumindest geht es mir so – desto weniger kann man sich auf diese Vorgehensweise verlassen. Fängt man an dem Bild zu arbeiten, stellt man fest, dass unvorhergesehene Probleme auftauchen und dass das Blau doch nicht so gut zu dem Rot passt. Dass der eine Strich vielleicht doch nicht so gut gelungen ist, wie man sich das am Anfang gedacht hat. Und ehe man sich es versieht, gleicht das Endprodukt nicht unbedingt der Vorstellung, die man am Anfang hatte. Das kann für einen Künstler ganz schön aufreibend sein!

 

Auch ich musste also einsehen, dass ich manchmal meine eigene Kunst nicht verstehe. Es muss Zeit vergehen, um zu begreifen, wieso ich etwas so gemalt habe, wie ich es getan habe.

 

Und falls irgendjemand dachte, dass es der Künstler ist, der im Mittelpunkt steht, der sollte verinnerlichen: Bei der Kunst kommt es nicht auf den Künstler an. Dieser ist nur eine Komponente von vielen. Schenken Sie Ihre Aufmerksamkeit der Kunst, nicht dem Künstler und auch nicht dem Verstehen der Kunst.

 

Finden Sie eher raus, ob das Kunstwerk, welches Sie gerade betrachten, mit Ihnen persönlich interagiert. Ob es Ihnen gefällt oder nicht. Das Verstehen der Kunst ist keine Voraussetzung dafür, um sich mit Kunst auseinander zu setzen.

 

Bild: Michaela Kurpierz
Darstellung: Markus Redl, Stein 146/122 Blickfelderweiterung/360° (Hold The Line), 2016 (Bianca Carrara Marmor, 365 x 245 x 215 cm, Sammlung Würth, Inv. 17280)
Mit freundlicher Genehmigung der Photografin

Bild zum Januar Blogbeitrag nach Max Ernst; Collage von Goce Andonoski

Auf in das neue Jahr

Zuerst wünsche ich Ihnen ein frohes neues Jahr 2018! Hoffentlich sind Sie gut in das neue Jahr gestartet und vielleicht halten Sie schon Ausschau nach der nächsten Ausstellung, die Sie in 2018 besuchen möchten.

Dominierten die Documenta und die Biennale das Jahr 2017, kann man sich in diesem Jahr über die Vielfalt an Ausstellungen freuen, die in kleinerem Umfang den Kunstinteressierten begeistern. Hierzu gehören unter anderem die aktuellen Ausstellungen in der Schirn („Glanz und Elend in der Weimarer Replik“), im MMK 2 (Haben Sie schon das Innere von Maria Callas Bauch in „I am Problem“ besichtigt?),  im Museum für Angewandte Kunst (Jil Sander lässt grüßen) und im Museum Giersch der Goethe-Universität (Eric und Julia Isenburger erzählen ihre Geschichte).

Für die reisewilligen Interessierten ist besonders ein Besuch im Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe zu empfehlen, wo bis zum 04. April 2018 eine Ausstellung über die feministische Avantgarde der 1970er-Jahre läuft und der #metoo-Debatte eine neue Sichtweise hinzufügt wird. Endlich hebt eine Einrichtung die Pionierleistung der feministischen Avantgarde hervor, um dieser künstlerischen Bewegung den ihr schon längst überfälligen Platz im Kanon der Kunstgeschichte zu einzuräumen.

Wenn man schon in Karlsruhe ist, kann man Cezannés Metamorphosen betrachten, vorausgesetzt die Schlange ist nicht zu lang und man wird hereingelassen. Das Online-Ticket ist hier unerlässlich!

Etwas nördlicher und knapp zwei Stunden Autofahrt entfernt liegt das wunderbare Max Ernst-Museum in Brühl gelegen. Aktuell kann man dort Mirós kleine Monster betrachten. Absolut sehenswert ist aber auch die Dauerausstellung, wo über hundert Arbeiten von dem deutschen, namensgebenden Surrealisten zu betrachten sind.

Fußläufig vom Max Ernst-Museum erreichbar ist ab Februar ein echtes UNESCO-Kulturerbe zu besichtigen: Das Schloss Augustusburg, welches oft einfach Schloss Brühl genannt wird, gilt als die Lieblingsresidenz des Kölner Kurfürsten und Erzbischofs Clemens August aus dem Hause Wittelsbach (1700 – 1761) und zu den bedeutendsten Schöpfungen des Rokoko in Deutschland.

Ab Februar geht es noch spannender weiter: Unter anderem beim Bilder-Recycling mit Rubens im Städel (ab 08. Februar), während uns Jean-Michel Basquiat New Yorks Straßenkunst der 80er Jahren in der Schirn-Kunsthalle näher beibringt (ab 16. Februar). Und das sind nur zwei von hundert anderen Ausstellungen in diesem Jahr.

Und was macht die Andonoski-Kunst? Die pendelt zwischen Korea und der Welt der Harlekin hin und her. Wenn alles gut geht, präsentiert sie sich demnächst in einem besonderen Programm als eine einmalige Aktion. Halten Sie die Augen auf und spitzen Sie die Ohren besonders gut. Denn bei dieser Aktion werden nicht nur die Augen beansprucht, sondern auch die Ohren kommen in den Genuss.

Bis zum nächsten Kunstereignis.

Die Suche

Auf der Suche nach Antworten
suchte Er nach Zeit
und fand diese versteckt in der Höhle des Golans.
„Zeit, hast du die Antworten auf alle Fragen?“ fragte Er.
Die Herrscherin über das Reich der Sekunden entgegnete ihm:
„Nein! Aber ich gebe Dir reichlich Raum, um sie zu finden.“
So ging Er fort während sie den Dingen ihren Lauf ließ

Er
stieß auf Größe,
die in ihrer beeindruckenden Pracht jeden fesselte.
„Größe, hast du die Antworten auf alle Fragen?“
fragte Er ein weiteres Mal.
Die Herrin vieler Dimensionen entgegnete ihm:
„Nein! Aber erlange eine gewisse Größe
und Du wirst sie finden.“
So ging Er fort und ließ sie sich ausdehnen.

Er
wanderte weiter und begegnete Wissen,
von welchem Er sich endlich alle Antworten versprach.
„Mächtiges Wissen, hast du die Antworten auf alle Fragen?“ fragte Er ein drittes Mal.
Der Pate der Erkenntnis entgegnete ihm:
„Nein! Du selbst trägst die Lösung in Dir.
Lerne stetig weiter, so wirst Du sie eines Tages finden!“
So ging Er fort und ließ es das Tal der Kenntnis überblicken.

Er
wusste nicht mehr weiter,
da lief ihm Alter über den Weg.
„Ehrwürdiges Alter, hast du die Antworten auf alle Fragen?“ fragte Er resigniert.
Der Sammler der Epochen entgegnete ihm:
„Nein! Gehe erst einmal entlang der Jahrzehnte und Du findest was Du suchst!“
So ging Er fort und ließ es die Falten der Welt zählen.

Auf der Suche nach den Antworten auf alle Fragen,
während die Zeit verging,
Er Größe erlangte,
sich Wissen aneignete
und älter wurde,
trat ihm eines Tages Gott entgegen und sagte:
„Du bist auf der Suche und kannst doch nichts finden.“
„Oh mein Herr, ich suche die Antworten auf alle Fragen,
doch sie scheinen nirgendwo auffindbar zu sein!“
Da entgegnete ihm Gott:
„Ich werde sie dir verraten,
doch Du musst sie für Dich behalten!“
So sprach der Herr und ließ es geschehen.
Er empfing die Antworten auf alle Fragen,
sah das Alpha und das Omega,
sah das Gute und das Böse,
sah den Anfang und das Ende.

Dann verstummte Er für die Ewigkeit.

Ein Wochenende voller Kunst

Was passiert, wenn zwei befreundete Künstler aufeinander treffen? Nun ja, offenbar das Offensichtliche: Sie treffen auf viel Kunst! So geschehen an diesem Wochenende in Frankfurt am Main.

Los ging es am Treffpunkt Galerie Tristan Lorenz, wo zurzeit die Werke von Sebastian Menzke ausgestellt werden. Was dieser Künstler macht? Herr Menzke hat Design studiert und man könnte meinen, er wäre eher der digitalen Welt verbunden. Stattdessen hat er sich bewusst für die Leinwand entschieden. In seinen Werken werden Form und Figur in eine bewusste Dekonstruktion und collagenartigen Überlagerung zum Ausgangspunkt seines Schaffens.

Angelehnt an der Klassischen Moderne sucht er wie die großen Meister nach Möglichkeiten, Tiefe und Raum zu erreichen ohne diese thematisch darzustellen. In den aktuell ausgestellten Arbeiten steigert er die Raumdimension des Bildes, indem das Bild durch Harzschichtungen vom flachen Bildträger zu einer gestaffelten Inszenierung zum Relief wird.

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Stille

Ich saß abends mit Freunden zu Hause und sprach über Designs und Layouts für ein neues Projekt, als die erste Eilmeldung über ein Vorfall in Paris herein flatterte. Zu diesem Zeitpunkt hätte keiner daran gedacht, welche Katastrophe sich an diesem Abend ereignete.

In den nächsten Tagen schien sich die Welt zu verändern, zumindest die Westliche. Lebensfreuden wichen der Angst, friedliche Zeiten wichen dem Kriegsansagen und das unbekümmerte Lächeln der Trauer und den Sorgen. Und in unserem Schmerz und Bekümmertheit vergaßen wir, dass auch in anderen Teilen dieser Welt schlimme Vorfälle geschehen. Ob in Libanon, Mali oder Afghanistan, Israel, Syrien oder sonst wo auf der Welt – es fließen Tränen und die Menschen schlachten sich gegenseitig ab.

Wie soll man darauf reagieren? Wie soll ein Mensch oder eine Gesellschaft darauf reagieren? Ein Präsident ordnet Bombenangriffe an, eine Verteidigungsministerin spricht von Besonnenheit. Welche Reaktion ist darauf angemessen?

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Die falsche Sturm-Frau

Am 30. Oktober 2015 feierte die Schirn Kunsthalle die Eröffnung der STURM-Frauen. Dem Katalog folgend, stellt diese Ausstellung den STURM als funktionierendes Netzwerk vor, welches als Impulsgeber für Neues, für Widerstand gegen althergebrachte Ausfassungen auftrat, Künstlerinnen und Künstler aus vielen unterschiedlichen Sparten miteinander verband, förderte und letztendlich in der STURM-Galerie unter der Federführung des Begründers Herwarth Walden ausstellte.

DER STURM, zunächst in Form einer Zeitschrift gegründet, förderte die expressionistische Kunst. 1912 folgte die gleichnamige Galerie, etwas später weitete Walden das Ganze auf die STURM-Bühne, die STURM-Buchhandlung, die STURM-Abende und andere STURM-Aktionen aus. Dabei lagen ihm wohl besonders die Künstlerinnen dieser spannenden Epoche am Herzen. Darunter namhafte Persönlichkeiten wie Sonja Delaunay, Marianne von Werefkin, Gabriele Münter, Else Lasker-Schüler, Jacoba van Heemskerck, Marcelle Cahn und viele anderen. Bis zur Schließung 1932 sollte er über 30 Malerinnen und Bildhauerinnen ausgestellt haben. Viele Galerien dieser Zeit hätten sich durchaus ein Beispiel daran nehmen können.

Befasst man sich zu diesem Thema mit dem Katalog*, stellt man bei genauem Hinschauen und Durchlesen zwei Irritationen fest. Zunächst wundert man sich über die spiegelverkehrte Abbildung eines Werefkins Gemäldes mit dem Namen „Der Sturm“ (Kat. S. 341) und erinnert sich an die flehenden und knienden Frauen. Waren diese nicht auf dem Original auf der rechten Seite angesiedelt?

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Wann bin ich endlich Künstler?

Ich habe drei Nichten. Die Eine ist schon 10, die Zweite 8 und die Kleinste bald 5. Im Alter von vier bis sechs Jahren scheinen kleine Mädchen gerne mit Buntstiften zu zeichnen. Und sie zeichnen und malen viel. Sie können sich sicherlich vorstellen, wer diese gemalten Bilder dann als Geschenk erhält. Yapp, der liebe Onkel.

Letztens fragte mich die Vierjährige: „Goce, bin ich eine Künstlerin?“ Bevor ich antwortete, musste ich selbst überlegen, was macht einen Künstler zum Künstler und ab wann darf man sich als so einen beschimpfen?

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Rückblick 2009 – Persona, unsere hübsche Maske!

Die „persona“ Kollektion, inspiriert durch das Sachbuch „Gott – Eine kleine Geschichte des Größten“ von Manfred Lütz, behandelt das Thema „Gott und seine Fleischwerdung“. Wenn Gott zu Mensch, also zur Person wird, werden alle Menschen auf eine Stufe mit Gott gestellt. Doch wie nahe wir auch Gott oder unseren Mitmenschen kommen, sie bleiben teilweise sehr fern.

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Die Entdeckung des Glücksklees

Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich in Begleitung das Berggruen-Museum (auch bekannt als Sammlung Berggruen) in Berlin, Ortsteil Charlottenburg, aufgesucht habe, um vor allem die Werke von Pablo Picasso zu bewundern. Meiner Begleitung sagte ich ständig, sie solle ihre Tasche öffnen, damit wir dieses oder jenes Picasso-Bild darin verstauen und nach Hause schmuggeln können. So sehr war ich begeistert.


Neben einige Werke von Georges Braque und Henri Matisse hingen auch einige Paul Klees. Obwohl mir der Name schon seit langem bekannt war und ich und ab und zu ein Klee gesehen hatte, war es mir nicht möglich einen Zugang zu seinem Werk zu finden. Ich schaute mir zwar immer seine Bilder faszinierend an, fragte mich jedoch gleichzeitig, was diese Abstraktionen sollen. Was wollte mir der Künstler eigentlich sagen? Ich nahm mir vor ihn zu einem späteren Zeitpunkt zu studieren und nach der Intension seiner Werke zu recherchieren.

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Glücklicher, Ich!

Heutzutage leben viele von uns in der Situation, dass sie das Gefühl haben, dass die Zeit nur noch rennt. Obwohl man weiß, dass die Zeit nicht ohne einen selbst vorankommt, weil sie kontinuierlich weiter läuft, spielt uns das persönliche Empfinden oft einen Streich.


Ob nun eingeredet oder eingebildet, tatsächlich ist es aber so, dass uns die lieben Mitmenschen (vermutlich nicht vorsätzlich) gerne die vorhandene Zeit stehlen oder sie zumindest für sich beanspruchen. Freunde fragen uns, ob wir sie nicht zur einer Ausstellungseröffnung begleiten oder dem einen oder anderen Konzert beiwohnen möchten, gemeinsam essen gehen wollen, etc.. Und wer macht das nicht gerne? Sich zu einem lustigen und amüsanten Abend aus dem Alltag entführen lassen und die Pflichten einfach Pflichten sein lassen? Schnell passiert es dann, dass der Outlook-Kalender von Montag bis Sonntag Termine aufweist und man fragt sich, wann man Zeit für sich hat. Und sind es nicht die externen Termine, dann schreit der Haushalt nach einem.

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